Lange Gärung bei der Herstellung von Bière de Champagne

Irrtümlicherweise glauben viele, dass Bier ein fertiges Produkt ist, sobald es die Brauerei verlässt. Diese Behauptung stimmt für den größten Teil der industriellen Marken, die mit Produktionstechniken hergestellt werden, die darauf ausgerichtet sind, ein immer gleiches Standard-Bier herzustellen. Völlig anders verhält es sich, wenn wir die Welt des handwerklichen Biers betreten, in der genau die entgegengesetzte Philosophie verfolgt wird. Es geht darum, dass das Produkt sich mit der Zeit ändern, nachreifen und neue Eigenschaften annehmen darf.


Die Branchenmultis haben dieses Konzept abgeschafft, doch man muss nur einen Blick in die Vergangenheit werfen, um festzustellen, dass das Bier oft «unausgegoren» aus der Brauerei kam, um dann direkt im Wirtshaus die volle Reife zu erlangen – man denke nur an die Rolle des publican für die traditionellen britischen Real Ales, der sich direkt im Keller des Pubs um die heikle Endphase der Reifung kümmern muss.

 

Wie funktioniert der Nachgärungsprozess eines Biers?

Ohne die alten Braugewohnheiten des Vereinigten Königreichs behelligen zu müssen – die jedenfalls noch heute in verschiedenen Kontexten überleben –, wurde der Gedanke, dass Bier weitere Entwicklungen durchmachen kann, wenn es einmal die Brauerei verlassen hat, in jeder Hinsicht von der Nachgärungstechnik aufgenommen, die regelmäßig von vielen handwerklichen Brauern genutzt wird. Wie der Name schon sagt, ist dieser Mechanismus verantwortlich für eine zweite Gärung nach der Primärgärung, die den zuckerhaltigen Most in das alkoholhaltige Getränk umwandelt, das wir alle kennen. Die Nachgärung erfolgt direkt nach dem Abfüllen, in dem Behälter, der das Bier beherbergt. Meistens handelt es sich bei um Glas, also ist unter «Nachgärung» fast immer Flaschengärung zu verstehen.

Ganz klar spielen auch bei der Nachgärung die Hefen die Hauptrolle. Sehr vereinfacht gesagt, gibt der Braumeister in der Phase des Abfüllens Zucker in die Flasche, die dann verschlossen wird. Der Zucker reaktiviert den Stoffwechsel der Hefe – häufig wird neue Hefe anstelle der für die erste Gärung benutzten und nun erschöpften Hefe verwendet – ,die wieder das tut, was sie am besten kann: den Zucker verdauen und eine Reihe von Substanzen wie Kohlensäure und Äthylalkohol aber auch aromatische Unterprodukte erzeugen.

Die Nachgärung bringt die Kohlensäure ins Bier (denn das CO2 kann nicht aus der Flasche entweichen) und erzeugt eine Reihe positiver Effekte, die sich in der Schaumbildung, der Komplexität des Aromafächers und der Haltbarkeit niederschlagen. Allerdings wird diese Technik nicht immer und für alle Bierstile angewandt: Sie ist typisch für viele belgischen Braustile, während ihre Verwendung in anderen Kulturen von Fall zu Fall unterschiedlich ist.

 

Die Flaschengärung bei Champagner-Bier

Die Flaschengärung ist ein langer, komplexer Prozess, der eine gewisse Beherrschung durch den Braumeister voraussetzt. Wie bereits erwähnt, ist sie in der Branche des handwerklichen Biers sehr verbreitet, aber bei einer besonderen Bierspezialität wird diese Technik bis ins Extrem ausgereizt, um Horizonte an den Grenzen zu erforschen, die das Getränk selbst setzt. Die Rede ist von den sogenannten Champagner-Bieren (oder Brut Bieren), für deren Herstellung die Produktionsphasen der «traditionellen Methode» (oder méthode champenoise) herangezogen werden. Genau wie beim Champagner und bestimmten Schaumweinen durchlaufen diese Biere einen langen Reifeprozess in der Flasche, der genau festgelegten Phasen und Ritualen folgt. Die Nachgärung ist ein komplexer, gegliederter Vorgang mit beträchtlich längeren Zeiten.

Jeder Brauer geht nach einem persönlichen Plan vor, jedoch findet bei diesen Bieren im Allgemeinen nach der normalen Nachgärungsphase die Remuage statt, bei der die Flaschen kopfüber mit einer Neigung von 45° gelagert werden. Diese Phase dauert mehrere Monate (ca. 18-24), in denen sich die erschöpfte Hefe (die für die Nachgärung verantwortlich ist), am Verschluss absetzet.

Danach erfolgt das Degorgieren, d. h. das Öffnen der Flaschen: Der Verschluss wird entfernt und die Hefe schießt heraus. Die Flasche wird mit einer Versanddosage aufgefüllt (Sirup mit hohem Zuckergehalt), die nach einem Geheimrezept des Brauers zubereitet wird und dabei hilft, die finalen Merkmale des Produkts zu definieren. Dann wird die Flasche wieder verschlossen (diesmal mit einem Korken) und bis zur vollständigen Reife ruhen gelassen.

Aus diesem langen Prozess, in dem die Nachgärung die meiste Zeit aktiv ist, erhält man ein extrem raffiniertes Produkt an der Grenze zwischen Bier und den besten Schaumweinen. Beeindruckend bei den Champagner-Bieren ist ihre visuelle und aromatische Eleganz dank einer feinen, markanten Perlage und einem raffinierten, komplexen, aber immer sehr kultivierten Bouquet. Da sie im Übrigen deutlich trocken sind, lassen sie sich trotz ihres sehr hohen Alkoholgehalts gut trinken.