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Super: Belgian Strong Amber Ale nach Baladin Art

Geschrieben von Simonmattia Riva | 05.10.2021 07:41:33

Artikel von Simonmattia Riva, Biersommelier

Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende.

Der griechische Philosoph Demokrit war der Erste so vieler Denker, der den Mut als Tugend des Beginns pries: Ohne Mut ist es nämlich unmöglich, mit festgefahrenen Gewohnheiten und Schemen zu brechen und Komfort und behagliche Ruhe hinter sich zu lassen und sich in neue Unternehmungen zu stürzen.

Super, eines der ersten Biere des Hauses Baladin und das erste Flaschenbier aus dem mittlerweile fernen Februar 1997, ist auf mehreren Ebenen ein Symbol für Mut und Risiko: für das Risiko, die beruhigende Routine eines Dorfpubs aufzugeben, um handwerkliches Bier zu brauen, etwas, das es in Italien als Warenkategorie noch nicht gab; den Mut, die leichten, wenig bitteren, industriell hergestellten Lager mit einem kraftvollen, überwiegend süssen Bier belgischer Inspiration herauszufordern; den Mut, es in eine elegante Flasche zu füllen und in Restaurants anzubieten, in denen seit jeher für Bier ein unsichtbares, aber fest verankertes Schild hing: “Ich muss draussen bleiben”...

 

Lasst uns ein Super Baladin aufmachen!

Ein Glas Super genießen, bedeutet, all diese Geschichten und noch andere mehr zurückzuverfolgen: die Geschichte seines Namens, natürlich als guter Wunsch für das neue Unternehmen, zum Beispiel, dass es das erste italienische handwerkliche Bier war, das in Flaschen vertrieben wurde, oder die Geschichte seiner klar belgischen Inspiration, wie auch der anderen ersten in Piozzo gebrauten Biere, und wie es das damals noch viel zu weit verbreitete, ungerechtfertigte Misstrauen gegenüber der Welt des handgebrauten Biers besiegte.

Nachdem man geduldig den Siegellack vom Verschluss entfernt hat, wird der Ritus des Entkorkens von einem zarten Ton begleitet, dem Zeichen für eine moderate Spritzigkeit, die sich dann am Gaumen bestätigt.

 

Auch das Auge will teilhaben

In einer Biertulpe, einem Snifter oder – natürlich – einem Teku, den besten Gläsern, damit sich sein reiches Aroma voll und ganz entfalten kann – überrascht Super zunächst das Auge durch seine satte Kupferfarbe mit orange Reflexen: Ein Farbton wie ein Sonnenuntergang im Spätsommer oder eine laue, aber gesegnete Herbstsonne, deren Strahlen auf den ersten herabgefallenen Blättern liegen und die Kastanien liebkosen, während ihr saftiges Fruchtfleisch reift.

Das ungefilterte Bier ist leicht trüb, während der zarte, feine Schaum eine elfenbeinfarbene, nicht sehr lange haltbare Krone bildet.

 

Super Baladin: Geruchsanalyse

Anfänglich wird der Geruchssinn von einem überraschenden Kolanuss-Aroma gekitzelt, gefolgt von einem Potpourri aus Gärungsestern, in dem sich reife Birne, getrocknete Aprikose und eine Zitrusvariation aus Orangenkonfitüre, kandierter Orangenschale und Orangenblütenwasser hervortun.

Wie bei der Farbe rufen die ersten Düfte also warme herbstliche Assoziationen hervor, die noch durch sich behauptende Mälzaromen mit einem Hauch Toffee und Fudge verstärkt werden.

Nach ein paar Sekunden im Glas machen sich neue, überraschende Gäraromen breit: eine offenkundige Wahrnehmung roter Früchte, schwankend zwischen eingelegten Amarenakirschen und Himbeerbonbons, bringt liebe Erinnerungen Teos an verrückte, unvergessliche Biere des wallonischen Lands mit sich, um dann Platz zu machen für Suggestionen von Datteln und mit Mandeln gefüllten schwarzen Feigen. Bei steigender Temperatur ist eine leichte, würzige Anmutung von Jamaica-Pfeffer wahrnehmbar, ein Detail, das unbemerkt bliebe, wenn man der irrigen Sitte folgen und das Bier eiskalt servieren und trinken würde.

 

Empfindliche Balance

Dagegen liegt die ideale Temperatur zwischen 10°C und 14°C, damit sich das Super am besten entfaltet. Beim Antrunk gibt es sich mit moderater Kohlensäure, die man schon beim Öffnen erahnt, und einem eher vollen Körper durch den bedeutenden Restzucker, der die schon in der Nase wahrgenommenen Aromen trägt: Cola, kandierte Orangen, grüne Schalen frischer Walnüsse, getrocknete Datteln und Feigen verfolgen einander zwischen den Geschmacksknospen, während der Gaumen von einer Fantasie der geliebten alten Malzbonbons verführt wird.

Der offenkundige, unbestreitbare Vorrang des süssen Geschmacks wird jedoch in Zaum gehalten durch einen subtilen, aber klar erkennbaren bitteren Kontrapunkt im Nachtrunk, mit einer Wahrnehmung von Enzian und Süßholzwurzel .

Das Super stammt aus den Langhe und so ist es vielleicht unvermeidlich, dass es – weitaus mehr als die trockenen Ebenen Flanderns – die Wallonie mit ihren Ardennen heraufbeschwört: sanfte, bewaldete Hügel, die man zu Fuss oder mit dem Rad erkundet, bevor man sich einen Krug vollmundigen, robusten kupferfarbenen Biers gönnt und zusieht, wie sich die Bäume langsam im gleichen Ton färben.